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Kopfgeschichte

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Die Urform des Hirns ist eine bräunliche Masse Ton gewesen.


Diese wunderbare Erkenntnis schoss mir 2001 in den Kopf, just als ich mich Pilze sammelnd im Wäldchen nahe Z. befand und den ersten giftigen der Spezies an diesem Tag in meinen Korb legte.
Meine Kinder waren mir zu der Zeit bereits abhanden gekommen, dafür pflegte ich meine Mütter und hatte wenig Neigung, dies noch allzu lange mit der mir eigenen Hingebung zu tun. Daß es gerade der 11. September war, an dem ich diesen Gedanken produzierte, schien mir im Nachhinein kein bloßer Zufall zu sein.
Ich spürte, den blaß-grünlichen Pilz in der Hand, einen heftigen Schmerz in beiden Schläfen – den ich freilich zu schätzen wusste nach den langen Jahren des Experimentierens – es war jener Schmerz, der mich stets floh, wenn ich seiner so dringend bedurft hätte – auf ihn wartete ich in all den Jahren des mühsamen Forschens vergeblich.
Plötzlich wusste ich: Das sind die Geburtsschmerzen. Ich küsste den Pilz, bevor mir die Sinne schwanden.
Weit entfernt von der Pilzstelle fand ich mich wieder, tief in weichem, modrig duftenden Moos. So führt einen die große Erkenntnis gelegentlich mitten hinein in ein Schleudertrauma. Immer sind es die Mütter, die böse Kinder gebären und die dann heranwachsen zu entweder armseligen oder gänzlich ausgebufften Wesen. Wenn sie Glück haben, sitzt ihnen die Schönheit innen, ganz tief innen, nicht sichtbar für jedermann.
Die Väter tun gut daran auszuwandern. Ihrem jeweiligen Rückzug, ihrer Flucht haben wir viel zu verdanken – allerdings keineswegs immer, wenn wir an die „Väter“ des 11. September denken. Wenn die bösen Kinder überhand nehmen, muß man ihnen etwas entgegensetzen. Die anti-autoritäre Erziehung war zu keinem Zeitpunkt nur von Vorteil.
Ich hastete mit meinem Wissen durchs Geäst, beladen mit bunten Pilzchen, den Müttern entgegen. Welch ein Glücksgefühl! Die entbehrungsreichen Jahre würden nun Früchte tragen. Ich würde die Wesen gebären können, die Wesen mit der unsichtbaren inneren Schönheit, die uns äußerlich so sehr ähnlich sind, kleine intelligente, hurtige Geschöpfe mit viel Zuversicht in eine bessere Zukunft, in der auch die bösen Mütter keiner Behandlung mehr bedürfen. Gemeinheit und Niedertracht, Narzissmus und Dummheit, Kläglichkeit, Misstrauen und Feindseligkeit können Gestalt finden in Ton, und sie allein können mit Stolz die Krone tragen, welche wir in unserer jammervollen Realität niemals auf dem Kopf hatten. Der Kaiser war immer schon nackt.



Menschenmacher